Samstag, 31. August 2013
Freitag, 23. August 2013
Wespen vs. Kupfer
Die Wahrheit - oder sagen wir lieber: ob etwas der Fall ist - lässt sich nicht durch eine demokratische Abstimmung entscheiden. Wenn, sagen wir, von hundert Leuten im Internet achtzig glauben, dass es immer nur dann regnet, wenn sie keinen Schirm dabei haben - naja, was soll ich sagen, das Wetter wird sich nicht daran halten, da bin ich mir ziemlich sicher. Aber ich wollte ja etwas über Wespen schreiben.
Jetzt hat die sogenannte Wespen-Saison wieder begonnen und vielen von uns ist es nicht recht, dass diese wundersamen Insekten an unseren Frühstückstischen sitzen, obwohl sie nicht eingeladen sind. Abgesehen von Benimmregeln, haben viele Menschen ein wenig Angst vor den Hautflüglern, und das nicht ganz unberechtigt. Und immer wenn das allgemeine Interesse an der Abwehr einer unerwünschten Situation groß ist, sind die Tipps und Handlungsanweisungen zahlreich. Und der Aberglaube blüht.
Um zu verstehen, warum etwas nicht wahr sein muss, auch wenn es viele Menschen behaupten, kann man sich im Vorfeld einmal mit anderen Behauptungen auseinandersetzen, die ich jetzt einmal gar nicht bewerten will: die Segnung der Glocke schützt vor dem Blitzschlag in den Kirchturm, eine Christophorus-Plakette am Rückspiegel schützt vor dem Unfall, ein Nazar-Boncuğu schützt vor dem bösen Blick, ein toi toi toi schützt vor dem Misslingen der Premiere.
Kupfermünzen am Tisch schützen vor Wespen.
Es ist ja nicht so, dass ich behaupte, alles was ich mir nicht erklären kann muss falsch sein, denn dann würde ich auch Blitze aus Gewitterwolken leugnen, die kann nämlich bis heute niemand ganz genau erklären (nur so ungefähr) Es ist vielmehr so, dass ich behaupte: Wenn jemand sagt, eine bestimmte Handlung führt zu einem bestimmten Ergebnis, kann diese Person dies auf zwei verschiedene Arten den Menschen als Tatsache verkaufen:
Erstens: man erzählt von Leuten, die sagen, ja, bei mir hat es funktioniert.
Zweitens: man macht einen Versuch und testet das ganze, mit dem Ergebnis: ja, es ist so oder nein, das geht nicht, oder zumindest: es funktioniert ein bisschen, aber nicht sehr.
Die erste Methode wird gern angewandt, wo die zweite Methode zum Ergebnis kommt, dass es nicht geht. Also etwa bei der Homöopathie, Erdstrahlen, Geistererscheinungen und Wespenabwehr durch Kupfermünzen.
Dann wären da noch: eine mit Gewürznelken gespickte Zitrone, falsche Wespennester aus Plastik, Ultraschallgeräte, Duftkerzen und angezündetes Kaffeepulver. Ich gebe zu, es ist gar nicht so leicht, an diese Hausmittel oder Erfindungen nicht zu glauben, gibt es doch hunderte Seiten, die sie anpreisen, und darunter sind anscheinend sehr seriöse.
Ich verrate hier mal ein Geheimnis: die "Redakteure" schreiben das alles nur von anderen Seiten im Internet ab.
"Ach Jens, du schreibst noch einen Artikel über Wespen, ja? Wie man sie vertreibt und so, ok?" "Bin ich denn ein Wespenfachmann?" "Ach komm, Hausmittel und so, findest doch eh alles im Internet!"
Es gibt also Nr.1 die Leute, die den Unsinn verbreiten, ohne auch nur im Leisesten daran zu denken, das ganze auszuprobieren, und dann gibt es Nr.2 die Leute, die sich zuhaus und in den Foren wichtig machen, ohne auch nur im Leisesten daran zu denken, dass Nr.1 keine Ahnung hatte, als er oder sie das ganze schrieb.
Was ich aber empfehlen kann:
Ein Tipp: kritisch denken ist immer sehr, sehr hilfreich. Christoph Drösser, der in der Zeit schreibt, ist so ein kritisch denkender Mensch: http://www.zeit.de/2009/37/Stimmts-37 (er hat nicht nur Wissenschafter befragt sondern auch einen Selbsversuch gestartet. Und er schreibt: Man findet die angebliche Wunderwaffe tausendfach im Internet, aber nur
auf deutschsprachigen Seiten. Sollte eine so epochale Entdeckung dem
Rest der Welt verborgen geblieben sein?
Es gibt eine aktion-wespenschutz.de - eine sehr engagierte Initiative und eine informative Webseite. Hier nimmt sich jemand Zeit, die genannten Wundermittel auch zu testen und schreibt nicht einfach irgendetwas aus dem Internet ab.
Auch hier bemüht sich jemand, nur seriöse Ratschläge zu erteilen, wenn es ihm auch nicht um den Schutz der Wespen, sondern eher um ihre Bekämpfung geht: http://www.ungeziefer-und-schaedlinge.de/was-tun-gegen-wespen.php
Was ich als abschreckendes Beispiel empfehlen kann:
Ein Blick ins Impressum ist oft sehr hilfreich. Die Seite wespennest-entfernen.info klingt doch im ersten Moment sehr seriös. Und wer schreibt das ganze: eine Firma Advanco, ein Suchmaschinen-Optimierer. Alles nur ein Marketing-Schmäh also.
Gutefrage.net klingt zumindest hilfreich. Leider heißt die Seite aber nicht Guteantwort.net. Es reicht eben nicht, einfach eine Reihe von Wichtigtuer-Antworten zu lesen, damit man nachher gescheiter ist: http://www.gutefrage.net/frage/natuerliches-hausmittel-gegen-wespen
Also, was lernen wir daraus? Genau.
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